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Franken-Weine mit „abgefahrener Aromatik“ (28. Juli 2015)


Sommertour des Bezirkstagspräsidenten: neue Wege und neue Ideen im Weinbau


Michael Völker schenkt Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel und der Fränkischen Weinkönigin Kristin Langmann seinen Naturwein ein. Seniorchef Bernhard Völker beobachtet die Szene. (Foto: Mauritz)
 

Würzburg. (mm) Vegan liegt voll im Trend. Angeblich verzichtet fast eine Million Deutscher auf Nahrungsmittel tierischen Ursprungs und auf andere Produkte, für deren Herstellung Tiere nötig sind. Thomas Schenk gehört nicht zu ihnen. Dennoch erzeugt der junge Winzer aus Randersacker (Landkreis Würzburg) veganen Wein. Denn ihm geht es um Qualität. „Nur mit der Natur lassen sich echte Meisterstücke erzeugen!“ So lautet seine Überzeugung.

Aber wieso ist Wein nicht zwangsläufig vegan? Schließlich besteht er aus vergorenem Traubensaft! Damit ist er doch ein rein pflanzliches Naturprodukt? Um diese und andere Fragen ging es bei der Sommertour mit Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel am vergangenen Dienstag (28. Juli). Und Thomas Schenk, der erst vor kurzem das elterliche „Weingut Winzerhof am Spielberg“ übernommen hat, blieb keine Antwort schuldig: Weine werden zur Klärung oder zur besseren Haltbarkeit oft mit Hilfsmitteln behandelt. Viele dieser Schönungsmittel enthalten tierisches Eiweiß – Gelatine zum Beispiel. „Damit sind sie nicht mehr vegan“, ergänzte Hermann Mengler, der Fachberater für Kellerwirtschaft beim Bezirk Unterfranken.

Thomas Schenk, dessen Familie dem Weinbau in elfter Generation verbunden ist, setzt daher ganz auf die klassischen Methoden. Zum Klären gibt er dem Most einfach die Zeit, die es braucht, bis die Schwebteilchen sich ganz von alleine absetzen. Und der Rest wird dann mechanisch gefiltert. „Bei uns ist die geringste Einflussnahme die beste“, so die Überzeugung des jungen Önologen. Mit Esoterik oder radikalen Ernährungsgewohnheiten hat er nichts am Hut. „Aber durch den Verzicht auf Schönungsmittel sind alle unsere Weine vegan.“

Etwa der „Boden.Schatz“, ein Cuvée aus alten Reben, der leicht und fruchtig im Glas schimmert, oder das „Kernstück“, ein trockener, cremiger Silvaner mit dem Aroma gelber Früchte. Zum Verkosten lädt Thomas Schenk die Gäste in seinen Keller, in dem es trotz der großen Hitze draußen angenehm kühl ist. Das Gebäude stamme aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, erklärt Schenk. Aber die Kellermauer sei noch deutlich älter! Rund 50.000 Flaschen produziert das Weingut auf etwa 6,5 Hektar Rebfläche. „Qualität zu erzeugen ist für uns Ehrensache“, so Thomas Schenks selbstbewusste Auffassung. „Wir tun dies, indem wir von der Natur lernen, sie verstehen und sie für uns nutzen.“

Ein anderer Jung-Winzer, der zu seinem ganz persönlichen Stil gefunden hat, erwartete die Besuchergruppe mit Bezirkstagspräsident Dotzel an der Spitze in der Weinkellerei Völker in Kitzingen. Der Betrieb sei ein Beispiel für die „Umorientierung vom konventionellen Weinbau zum Natur-Weinbau“, erläuterte Fachberater Mengler. Dabei sei dieser Umbruch „nicht nur eine Generationenfrage“. In Friaul, Slowenien oder der Südsteiermark gebe es Weine dieses Typs schon lange. Und in manchen Edelrestaurants seien auf der Weinkarte nur mehr Naturweine zu finden. In Deutschland seien Naturweine allerdings etwas völlig Neues.

Und so unkonventionell, wie diese Weine dem mitteleuropäischen Gaumen erscheinen, so ungewöhnlich war auch der berufliche Weg Michael Völkers. Der Kitzinger-Winzersohn studierte nämlich Philosophie und arbeitete etliche Jahre in London. In der britischen Metropole lernte er die „natural wines“ kennen, die zuvor schon in New Yorker Bars ihren ersten Hype erlebt hatten. Sehr schnell begann er die „abgefahrene Aromatik“ dieser Weine zu schätzen. Und schließlich zog ihn nicht zuletzt der „Charme eines kleinstädtischen Betriebes“ zurück in die alte Heimat. Der weiten Welt ist er trotzdem nach wie vor eng verbunden: „Die meisten meiner Weine verkaufe ich ins Ausland – über facebook oder instagram“, sagt er.

Noch ist seine Naturwein-Produktion überschaubar. Etwa 800 Flaschen hat er im vergangenen Jahr erzeugt. Die sind aber bereits ausverkauft. In zehn Jahren, so hofft Michael Völker, werde sein Kitzinger Weingut keine konventionell ausgebauten Weine mehr erzeugen. Den Grund für diesen Optimismus sieht er nicht zuletzt „im wachsenden Interesse der Kunden am Handwerk“ und der gesellschaftlichen Sensibilisierung für Zusatzstoffe. Auch die Naturwein-Pioniere in Frankreich „arbeiten allesamt biologisch oder biodynamisch und setzen auf alte handwerkliche Techniken“, wie der Winzer betont. Dazu zähle die Handlese, die Spontangärung und der Verzicht auf chemische oder biologische Zusätze bei der Weinbereitung.

Dadurch verlagere sich bei der Produktion von Naturwein die Arbeit mehr in den Weinberg. Gesundes Lesegut sei das A und O. „Im Keller kann und darf man ja fast nichts mehr reparieren oder verbessern!“ Aber wie mundet nun dieser außergewöhnliche Tropfen? „Naturweine decken prinzipiell ein anderes Aromen-Spektrum ab und unterscheiden sich geschmacklich merklich von konventionellen Weinen“, räumt Michael Völker unumwunden ein. Durch die fehlende Filtration schmeckten nicht immer alle Flaschen gleich, und manchmal seien die Weine etwas trüb. Zudem variierten die verschiedenen Jahrgänge geschmacklich stärker, so dass „der Stammkunde nicht immer bekommt, was er erwartet!“

„Der Kunde bedarf solider Beratung!“, betont Michael Völker und schiebt seinen Strohhut noch ein bisschen weiter aus der Stirn, während er seinen Gästen Wein einschenkt: einen Silvaner, von Hand gelesen und auf der Maische spontan vergoren, nach zehn Tagen Standzeit acht Monate in einem Barrique-Fass gereift und dann ungefiltert und ungeschwefelt abgefüllt. Im Glas duftet es ein wenig nach Apfel, fast wie Cidre. Im Mund ist dieser Wein sehr schlank, aber dennoch ausdrucksstark, und schließlich entwickelt er einen rauen, fast schon kratzigen Abgang. „Interessant“ sei dieser Wein – so das übereinstimmende Urteil. „Gewöhnungsbedürftig“ meint ein anderer.

In jedem Fall sind Naturweine immer vegan, weil die Mostvorklärung durch Sedimentation stattfindet und keinerlei Zusätze im Wein sind. Und vegan liegt bekanntlich voll im Trend.


 

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Bild:Trockene Sommer stellen die fränkischen Winzer immer wieder vor neue Herausforderungen. Die Bewässerungsanlage vom Weingut Kreglinger in Segnitz.
Trockene Sommer stellen die fränkischen Winzer immer wieder vor neue Herausforderungen. Die Bewässerungsanlage vom Weingut Kreglinger in Segnitz.

 

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