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Mehr als nur eine Wasserstraße (10. August 2017)

Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel auf Info-Fahrt mit den Main-Fischern

 

An Bord eines Fischerbootes informierte sich Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel (Mitte) über die aktuellen Probleme der Mainfischerei. Das Bild zeigt ihn gemeinsam mit Fischereifachberater Dr. Wolfgang Silkenat (ganz links), Dr. Gernot Janke, dem Direktor der Bezirksverwaltung, und Martina Michel, der Leiterin des Wasser- und Schifffahrtsamts Schweinfurt Außenbezirk Marktbreit. (Foto: Mauritz)

 

Würzburg. (mm) In ungezählten Schleifen und Windungen fließt der Main von Ost nach West, gerade so, als wolle er sich Zeit lassen bei seinem Lauf durch Unterfranken. Diese Beschaulichkeit ist kaum verwunderlich, denn der Main ist einer der schönsten Flüsse Bayerns, vielleicht einer der schönsten Flüsse Deutschlands. Soweit sind sich alle einig: die Binnenschiffer ebenso wie die Naturschützer, die Wassersportler ebenso wie die Fischer. Aber durch den Ausbau in den vergangenen Jahrzehnten hat man das Gewässer allzu sehr auf seine Funktion als Binnenwasserstraße reduziert. 34 Staustufen und ebenso viele Schleusen nivellieren heute das Gefälle der Bundeswasserstraße und machen aus dem Main ein behäbig dahinfließendes Gewässer. Über die Folgen dieser Regulierung für Natur und Fischerei informierte sich vor kurzem Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel im Rahmen seiner Sommertour mit der Fischereifachberatung des Bezirks.

Bei einer kleinen Tour mit traditionellen Fischerbooten, so genannten Schelchen, schipperte der Bezirkstagspräsident begleitet von Fischereifachberater Dr. Wolfgang Silkenat, etlichen Mainfischern und der Leiterin des Wasser- und Schifffahrtsamts Schweinfurt Außenbezirk Marktbreit, Martina Michel, von Kleinochsenfurt bis Marktsteft, um aus nächster Nähe die Auswirkungen des Schiffsverkehrs auf die Unterwasserwelt zu erleben – zum Beispiel die großen Frachtschiffe, die im Vorbeifahren eines der ökologisch so wertvollen Altwässer entlang des Flusses leersaugen, bis ein paar Augenblicke später das Wasser mit aller Kraft wieder zurückströmt. „Genau diese sensiblen Gewässerabschnitte brauchen aber die Fische zum Laichen“, erläuterte Wolfgang Silkenat den mitfahrenden Journalistinnen und Journalisten. Zur Berufsschifffahrt kämen speziell an schönen Sommertagen noch die Freizeitkapitäne mit ihren schnellen Motoryachten, die zusätzlich für Unruhe sorgten, Schwebstoffe aufwirbelten und unter Umständen sogar ihren Müll im Wasser entsorgten, so Silkenat weiter.

Für den Bezirkstagspräsidenten ist es daher ein großes Anliegen, „Natur und Schifffahrt in Einklang zu bringen“, wie er betonte. Die 388 Kilometer lange schiffbare Strecke des Mains endet bei Mainz, wo der Fluss in den Rhein mündet, und beginnt bei Bamberg, wo seit 1992 ein Kanal den Main mit der Donau verbindet. Bei so vielen Infrastrukturmaßnahmen verliert man rasch aus dem Auge, dass der Main nicht nur Verkehrsweg, sondern auch Lebensraum ist – ein komplexes Ökosystem und eine wertvolle Naturlandschaft.

Heute üben in Unterfranken nur mehr drei Fischer ihren Beruf im klassischen Vollerwerb aus, zudem bestehen bis heute 22 Zünfte mit rund 300 Mitgliedern. Dabei sind die Mainfische eine wahre Delikatesse, und der Main ist daher ein begehrtes Angelrevier, wie die ungezählten Angler beweisen, die insbesondere an lauen Sommerabenden entlang des Flusses ihrem Steckenpferd nachgehen.

Mehr als vierzig unterschiedliche Fischarten leben im Main, wie Fachberater Silkenat während der Fahrt vorbei an ausgedehnten Buhnenfeldern bei Frickenhausen erläuterte. Diese rechtwinkelig zum Flussverlauf vorgebauten kurzen Dämme dienten einerseits dem Uferschutz und trügen andererseits zur Vertiefung der Fahrrinne in der Flussmitte bei. Im Uferbereich entstünden dank der Buhnen so genannte Stillwasserzonen, die den jungen Fischen als „Kinderstube“ dienten, wie Wolfgang Silkenat zu berichten wusste.

Zu den begehrtesten Fischen im Main gehören Zander, Barsche, Hechte und nicht zuletzt die Aale. Aale verbringen ihr gesamtes Erwachsenenleben im Süßwasser, aber zur Fortpflanzung zieht es sie unaufhaltsam zurück ins Meer, in die Sargassosee südlich der Bermudainseln. Auf diesem Weg stoßen die schmackhaften Tierchen aber auf all die Staustufen, die die Menschen in den vergangenen Jahrzehnten im Main errichtet haben. Für viele Aale werden dann die Turbinen zu einer Art „Russisch-Roulette“ mit oft tödlichem Ausgang. Um hier der Natur ein wenig unter die Arme zu greifen, fangen die Mitglieder des Fischereiverbandes Unterfranken jedes Jahr rund sechs bis sieben Tonnen laichfähige Aale, um sie anschließend wohlbehalten an den Rhein zu transportieren. „Aal-Taxi“ nannte Andreas Gugel, Obmann der Berufsfischer im Fischereiverband Unterfranken, diese kostspielige Aktion.

Andere Arten haben mit den Staustufen weniger Probleme. Etwa die Donaugrundeln, die über den Main-Donau-Kanal aus dem Schwarzmeerraum nach Unterfranken eingewandert sind und lange Zeit den heimischen Fischarten arg Konkurrenz machten. Wie Silkenat aber beobachten konnte, hilft sich die Natur gelegentlich sehr erfolgreich selber. Denn die heimischen Barsche haben vor einigen Jahren die Grundeln in ihr Beutespektrum integriert mit dem Effekt: „Die Zahl der Grundeln sinkt, und unsere Barsche werden fetter!“

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