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Eine Begegnung mit Jacques Prévert (24. Januar 2018)

Bezirk Unterfranken erinnert mit Kultur-Veranstaltung an 55 Jahre Èlysée-Vertrag

 

Rund fünfzehn Prévert-Gedichte brachte der Puppenspieler Pierre Filliez bei seinem Auftritt im Sitzungssaal des Bezirksgebäudes auf die Bühne. Darunter auch La grasse matinée. Dabei handelt es sich natürlich um reinen Zufall, dass faire la grasse matinée bedeutet, bis in die Puppen zu schlafen.(Foto: Filliez)

 

Würzburg. (mm) Kaum ein anderer französischer Lyriker war so populär wie Jacques Prévert. Zahlreiche seiner Gedichte wurden vertont und von Künstlerinnen und Künstlern wie Juliette Gréco oder Yves Montand gesungen. Sein „Les feuilles mortes“ ist als „autumn leaves“ längst ein Jazzstandard. Daneben machte sich Prévert auch als Drehbuchautor einen Namen. Filme wie „Kinder des Olymp“ zählen bis heute zu den Klassikern des Genres. Diesem einflussreichen Künstler widmete das Partnerschaftsreferat des Bezirk Unterfranken am vergangenen Mittwoch (24. Januar) eine außergewöhnliche Veranstaltung mit dem Puppenspieler Pierre Filliez.

Rund fünfzehn Prévert-Gedichte ließ der 1978 im Wallis geborene Marionetten-Zauberer seine drei Puppen auf Deutsch oder Französisch rezitieren, spielen oder singen. Und obwohl Rose, Igor und „der Tod“ aus Holz geschnitzt sind, erweckten sie auf der Bühne im Großen Sitzungssaal des Bezirksgebäudes die Texte zum Leben. Ganz entscheidend zur Begeisterung des Publikums trugen die fantasievollen Bühnenbilder bei. Die Bühnentechnik und die dazu notwendigen Accessoires hatte Filliez mühsam im ICE mit nach Würzburg gebracht. Und so begeisterte Filliez seine frankophilen Zuhörer mit einem raffinierten Spiel aus Licht und Schatten – und nicht zuletzt mit seiner facettenreichen Stimme.

Préverts Gedichte sind bei allem Wortwitz in der Regel schlicht und leicht verständlich. Die Texte drehen sich oft um Liebe, Glück, Sehnsucht und Enttäuschung, wie zum Beispiel das traurige Gedicht Déjeuner du matin, in dem eine fiktive Ich-Erzählerin wortlos verlassen wird: Sans une parole, sans me regarder – ohne eine Wort, ohne mich anzusehen. Et moi j’ai pris ma tête dans ma main et j’ai pleuré – und ich habe geweint. Wenige dürre Worte, die das Gefühl von Einsamkeit und Tristesse geradezu körperlich spürbar werden lassen.

Aber auch mit seinem filigranen Schattenspielen, mit denen er zum Beispiel das Lied der beiden Weinbergschnecken, die zu einer Beerdigung gehen – Chanson des escargots qui vont à l’enterrement – , zauberte Pierre Filliez magische Momente in den Sitzungssaal.

Eingeleitet hatte die Veranstaltung, die anlässlich der Unterzeichnung des Élysée-Vertrages vor 55 Jahren stattfand, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel. Mit Blick auf die unruhigen Zeiten weltweit tue es gut, „gelegentlich innezuhalten und sich der Fundamente zu versichern, auf denen wir in Europa stehen“, sagte Dotzel. Der deutsch-französische Freundschaftsvertrag gehöre sicherlich zu den stabilen Bausteinen der europäischen Geschichte. „Fast auf den Tag genau heute vor 55 Jahren, am 22. Januar 1963, haben Charles de Gaulle und Konrad Adenauer im Pariser Élysée-Palast den Vertrag unterzeichnet, den man mit Fug und Recht zu den herausragenden Wegmarken der europäischen Geschichte zählen kann“, betonte der Bezirkstagspräsident.

Am Anfang des Élysée-Vertrages seien die politische Vernunft und die Einsicht gestanden, dass es ein friedliches und einiges Europa ohne die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland nicht geben könne. „Aus dieser Utopie von damals – geboren unter dem Eindruck der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs – ist für uns heute eine gesellschaftliche Normalität geworden. Mehr noch: aus dem Vertragswerk von 1963 hat sich eine enge Partnerschaft zwischen Franzosen und Deutschen entwickelt.“ Den Frankreich-Liebhabern, für die es im Anschluss an die Vorstellung noch einen kleinen Empfang gab, boten sowohl die Prévert-Texte als auch der Èlysée-Vertrag eine Menge Gesprächsstoff.

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