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Unterfrankens Botschafterin im Calvados (4. Mai 2021)

Hanna Köck zieht Halbzeit-Bilanz als Deutsch-Französische Freiwillige – Keine Zeit für Heimweh

Eine junge Frau mit Mundschutz unterrichtet eine Klasse.

Zu den Aufgaben einer Deutsch-Französischen Freiwilligen gehört es auch, in französischen Schulklassen über Europa und Deutschland zu erzählen. (Foto: Köck)

Würzburg/Caen (mm) Zu Fuß bei Rot über die Ampel zu gehen, das fällt Hanna Köck immer noch schwer. Im französischen Caen, wo die 18-Jährige aus Reichenberg (Landkreis Würzburg) derzeit als Deutsch-Französische Freiwillige arbeitet, ist das hingegen eher normal, und es ist nicht der einzige – durchaus liebenswerte – Unterschied zwischen Franzosen und Deutschen, der ihr in den zurückliegenden Monaten aufgefallen ist. Dabei hatte sich die Abiturientin fest vorgenommen, ihr Gastland ohne Klischees zu betrachten. „Aber es gibt eben die eine oder andere Grundeinstellung“, räumt sie heute mit einem Schmunzeln ein.

Zu den vielen angenehmen Seiten der Franzosen gehört wohl die offene Art, mit der die junge Deutsche von Beginn an aufgenommen wurde: „Ich kam an einem Wochenende Mitte September im Calvados an, und noch am Sonntag holte mich meine Tutorin zu einem Strandspaziergang ab. Völlig privat. Gemeinsam mit ihrem Ehemann. Ich kam gar nicht dazu nachzudenken, dass ich jetzt für ein ganzes Jahr lang von zu Hause weg sein werde!“

Auch an den folgenden Tagen blieb keine Zeit für Heimweh: Bankkonto eröffnen, die Örtlichkeiten kennenlernen, an den ersten Meetings des Partnerschaftskomitees teilnehmen – und die eigenen sprachlichen Fähigkeiten ausloten. Vor allem an die regionalen Ausdrücke musste sich Hanna Köck erst einmal gewöhnen. Die hatte sie im Französischunterricht noch nie gehört! Aber heute fällt ihr das schon viel leichter: „Es gibt Tage, da rede ich französisch wie ein Wasserfall“, erzählt sie lachend und schüttelt ihren Kopf mit den langen, dunklen Haaren.

Bei ihrer Familie daheim in Reichenberg war man schon immer sehr frankophil eingestellt. Eine Tante lebte vor vielen Jahren als Europäische Freiwillige sogar selber schon ein Jahr im Calvados. Daher konnte sich Hanna Köck auf die Unterstützung ihrer Eltern absolut verlassen, als sie sich nach dem Abitur im vergangenen Jahr zu einer Aus-Zeit in Frankreich entschloss. Der Abschied von Würzburg fiel ihr dennoch nicht leicht. „Vor allem meine beiden jüngeren Geschwister waren ziemlich traurig, als es daran ging, Abschied zu nehmen.“

Dann aber lief alles wie am Schnürchen. In einem Studentenwohnheim in Caen bekam sie ein Zimmer: „Neun Quadratmeter groß, aber dafür mit Bad und Küche!“ Das sei wichtig, weil sie dort ganz nach Laune für sich kochen könne. Von den opulenten französischen Restaurants, in denen man üblicherweise drei Gänge oder mehr zu sich nimmt und wo man keinesfalls auf den Nachtisch verzichtet, hat Hanna Köck nämlich noch nichts mitbekommen: „Die sind ja zu, wegen des Lockdowns!“, bedauert die junge Würzburgerin.

Zum Glück waren aber anders als in Deutschland die Schulen in Frankreich bislang offen, so dass sie regelmäßig französischen Schülerinnen und Schülern ein paar Feinheiten der deutschen Kultur vermitteln – und einige Klischees über Deutschland ausräumen kann.

Andererseits staunt Hanna Köck immer wieder über französische Besonderheiten, etwa über die unglaubliche Auswahl an Käsesorten im Supermarkt, oder dass man als Besucher in einer fremden Wohnung die Straßenschuhe anbehält, oder aber über die Zurückhaltung, wenn es um das Duzen geht: „Es gibt immer noch junge Franzosen, die ihre Schwiegereltern siezen!“

Und noch etwas war neu für sie: Fahranfänger müssen in den ersten beiden Jahren ein großes, rotes „A“ auf den Kofferraumdeckel ihres Autos kleben. Das „A“ steht für das französische Wort „apprenti“ (Lehrling), nicht allerdings für „Anarchie“, wie vielleicht mancher, am Straßenverkehr verzweifelnde deutsche Frankreich-Urlauber meinen könnte.

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Florian Hiller
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