„Pressefotografie ist heute wichtiger denn je“ (14. April 2023)
Stefan Gregors Fotoserie „Anstehen für leere Regale“ als Sinnbild für das Jahr 2022 - Sorgen um KI
Ausnahmsweise einmal vor der Kamera: die Preisträgerinnen und Preisträger des Wettbewerbs Pressefoto Unterfranken und die Sponsoren (von links): Rainer Ankenbrand (Sparkasse Mainfranken), BJV-Vorsitzender Michael Busch, Gunnar Bartsch (Uni Würzburg), Nicolas Armer, Georg Wagenbrenner (Stadt Würzburg), Bezirkstagsvizepräsidentin Eva Maria Linsenbreder, Stefan Gregor, Karl-Josef Hildenbrand, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, Patty Varasano, Ivana Biscan, Wolf-Dietrich Weißbach und BJV-Bezirksvorsitzender Ralph Bauer. (Foto: Markus Mauritz)
Würzburg. (mm) „Anstehen für leere Regale“ heißt das Foto, für das der Aschaffenburger Fotograf Stefan Gregor am Freitag (14. April) mit dem ersten Preis des Wettbewerbs „Pressefoto Unterfranken 2022“ ausgezeichnet wurde. Die im April vergangenen Jahres entstandene Bilderserie zeigt Szenen aus dem Aschaffenburger Sozialkaufhaus „Grenzenlos“. Wegen des Ukraine-Kriegs sind die Regale zum großen Teil leer gekauft. Vor den Fenstern stehen Menschen Schlange. Nach Ansicht der Jury stellen die Aufnahmen ein Sinnbild für die prekäre Situation dar, die in der Folge des Krieges auch bei uns herrscht.
Fast zwanzig Fotografinnen und Fotografen aus ganz Unterfranken hatten sich mit insgesamt knapp zweihundert Bildern an dem vom Bayerischen Journalisten-Verband Mainfranken und dem Bezirk Unterfranken initiierten Wettbewerb beteiligt. Unterstützt wurde die Foto-Schau auch vom Bayernwerk, den Sparkassen Mainfranken (Würzburg), Schweinfurt und Aschaffenburg-Alzenau, der Universität Würzburg, der Stadt Würzburg sowie von Maria Goblirsch.
Mit Blick auf die „unvorstellbar große Menge“ an Fotos in den sozialen Netzwerken sagte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel in seiner Laudatio: „Die Bedeutung der Pressefotografie stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu heben, ist in unserer Bilder-Welt notwendiger als jemals zuvor!“ Pressefoto Unterfranken würdige die kreative und dokumentarisch wichtige Arbeit der Presse-Fotografen und rücke jene Fotos, die aus der Bilderflut herausragten, in den rechten Rahmen. Zugleich wies Dotzel auf das hohe Maß an Verantwortung für den Foto-Journalismus hin, denn Fotos zeigten uns die Welt mit den Augen des Fotografen oder der Fotografin, die diese Bilder aufgenommen haben. Deswegen messe sich die Qualität von Pressefotos nicht an ästhetischen Gesichtspunkten, sondern am journalistischen Ethos.
Michael Busch, Erster Vorsitzender des Bayerischen Journalisten-Verbandes, zitierte in seiner Laudatio die Schweizer Autorin Andrea Mira Meneghin: „Wegschauen hilft nicht – man hat’s schon gesehen!“ Dieser Sinnspruch sei in mehrfacher Hinsicht mit der Arbeit der Bild-Journalistinnen und Bild-Journalisten verbunden. Denn diese seien es, die sich dem „Wegschauen“ verweigerten, so Busch weiter. Sie würden genau das abbilden, wo sich das Hinschauen lohne, wo der besondere Augenblick zu würdigen sei.
In diesem Zusammenhang ging Busch auch auf das Thema Künstliche Intelligenz ein. Mit so genannten Computergenerierten Texten und Bildern setze eine Entwicklung ein, „die uns überholt“. Pippi Langstrumpf lasse grüßen: wir schaffen uns die Welt, wie sie uns gefällt. „Aber wollen wir das?“, fragte Busch. An die Adresse der anwesenden Politikerinnen und Politiker forderte der BJV-Vorsitzende eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema. Bereits jetzt sei absehbar, dass KI für ganze Berufsstände existenzgefährdend sei.
Für gewaltiges Erstaunen sorgte anschließend der BJV-Bezirksvorsitzende Ralph Bauer mit einem ganz speziellen Grußwort. Er verlas einen Text, der durchaus akzeptabel klang, wenn vielleicht auch nicht ganz so geschliffen, wie man es von einem alten Routinier erwarten würde. Diesen Vortrag habe er sich innerhalb weniger Minuten von „Chat GTP“ zusammensetzen lassen, verblüffte er am Ende Zuhörerinnen und Zuhörer. Sogar den Stil habe er sich aussuchen können: es sollte ein getragener Text werden, denn zum Lachen sei die Sache nicht.
Die Preisverleihung, die üblicherweise zum Jahresende stattfindet, war wegen der Corona-Pandemie auf dieses Jahr verschoben worden. Bereits zum dritten Mal wurde 2022 ein Preis in der Kategorie „Orts-Geschichten“ vergeben, den Maria Goblirsch (München) in Erinnerung an ihren 2019 verstorbenen Bruder Rainer Reichert ausgelobt hatte. Reichert hatte vor über dreißig Jahren den Wettbewerb „Pressefoto Unterfranken“ ins Leben gerufen.
Neben dem „Foto des Jahres“ zeichnete die Jury außerdem die besten Bilder in neun weiteren Kategorien aus: „Orts-Geschichten“ („Gasjäckchen“ von Nicolas Armer), „Beste Serie“ („Die Todgeweihten grüßen dich“ von Wolf-Dietrich Weißbach), „Nachwuchspreis“ („Reportage bei Faber-Castell“ von Ivana Biscan), „Unterfranken – Land und Leute“ („Im Takt“ von Patty Varasano), „Umwelt & Energie“ („Trügerische Idylle“ von Karl-Josef Hildenbrand), „Sport“ („Pause“ von Stefan Gregor), „Kultur“ („Mond über jüdischem Friedhof“ von Karl-Josef Hildenbrand), „Universität & Wissenschaft“ („Still-Assistent“ von Wolf-Dietrich Weißbach) sowie den „Preis der Stadt Würzburg“ („Mach’s gut, Barbara“ von Silvia Gralla).
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