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Backstage im Theater Schloss Maßbach (8. August 2024)

Kommt der Prophet nicht zum Berg, muss der Berg zum Propheten

Theaterleiterin Anne Maar wirft zusammen mit Bezirkstagspräsident Stefan Funk einen Blick ins Innere des Theater-LKW des Maßbacher Theaters. Foto: Florian Hiller


 

Maßbach (hil). Das letzte Stück Weg führt steil bergauf. Am Ende der schmalen Straße taucht Schloss Maßbach auf. Bäume und Sträucher umwuchern das Theater wie ein verwunschenes Märchenschloss. An der vorderen linken Ecke reckt sich ein runder Turm himmelwärts. Spitzdach und Fachwerk verleihen dem Prachtbau einen zauberhaften Charme.

Von diesem einmaligen Ambiente überzeugten sich am Donnerstag (9. August) Bezirkstagspräsident Stefan Funk zusammen mit Bezirksrätinnen und Bezirksräten und weiteren Interessierten im Rahmen seiner ersten Sommertour "Kultur". Er bezeichnete das Theater als unverzichtbaren Teil der unterfränkischen Kulturlandschaft und betonte, wie wichtig die Spielstätte gerade für die Kulturszene im ländlichen Raum sei.

Seit 2002 ist Anne Maar Leiterin des Theaters Schloss Maßbach. Bei einer Führung durch das Theater gab Maar einen spannenden Blick hinter die sprichwörtlichen Kulissen und erzählte von der bewegten Geschichte des Theaters. So habe ihr Großvater Oskar Ballhaus und Lena Hutter das Theater 1946 in Coburg gegründet. Seit 1960 befindet sich die Spielstätte auf Schloss Maßbach. Die ehemalige Jagdvilla wurde im Jahr 1891 von Dr. August Benickser erbaut.

Oskar Ballhaus, Vater des legendären Hollywood-Kameramanns Michael Ballhaus, prägte die Maxime des Theaters: „Arbeiten aus dem Geist der Gemeinschaft“. Das ist bis heute in den Mauern des Schlosses zu spüren. „Die Atmosphäre hier ist etwas ganz Besonderes“, betonte Maar. Die meisten Schauspielerinnen und Schauspieler lebten direkt im Schloss, erzählte sie. „Es herrscht eine unglaublich familiäre Stimmung im Theater“, sagte Maar bei ihrer Begrüßung. Das merkt man auch, wenn man durch die kleinen und großen Zimmer und Gänge des Schlosses geht. Jeder kennt jeden, alle duzen sich – es ist fast wie in einer Wohngemeinschaft. So stellt man sich die bekannte „Villa Kunterbunt“ vor, in der Udo Lindenberg, Marius Müller-Westernhagen und Otto Walkes in Hamburg gemeinsam wohnten.

Leben und Arbeiten sei aber weitaus weniger glamourös, als man es sich vorstellt. „Alle Schauspieler arbeiten in Vollzeit und sind ausgebildete Profis“. Leider sei die Bezahlung in ihrer Branche nicht wirklich gut – vor allem nicht mit Blick auf die vierjährige Ausbildung, bedauerte Maar. Die Schauspielerinnen und Schauspieler, die hier leben und arbeiten, verstünden ihren Beruf wirklich als Berufung, so Maar. „Sie lieben, was sie tun“. 

Auch die Theaterleiterin liebt ihren Beruf und ihr Theater. Das wird deutlich, wie Anne Maar über ihr Theater spricht. „Unsere Schauspielerinnen und Schauspieler müssen sich mit den Stücken intensiv beschäftigen, nur so kann man den inneren Bogen einer Geschichte verstehen“, schwärmt Maar. Schauspielerei sei eben sehr komplex. „Vereinfacht gesagt, sollen die Zuschauerinnen und Zuschauer weinen, aber nicht die Schauspielerinnen und Schauspieler“, erklärte Maar. Es müsse eine Wirkung erzielt werden – ohne dabei zu lügen oder den Eindruck einer Lüge zu erwecken.

Bekannt ist das Theater weit über die Grenzen Unterfrankens hinaus. Als Landestheater habe es einen besonderen kulturpolitischen Auftrag, unterstrich Funk: Es solle auch Gegenden bespielen, in denen es kein öffentliches Theater gibt. 

Aber es ist eben nicht nur die Freilichtbühne, sondern auch die Vielseitigkeit, mit der das Theater ein breites Publikum erreicht. Denn neben der Freilichtbühne beherbergt das Schloss auch noch das „Intime Theater“. Und die Bezeichnung „intim“ trifft es ziemlich gut. Die 86 Gäste sind ganz nah am Geschehen. Durch die kurze Entfernung zur Bühne sind sie fast schon Teil der Aufführung. Von September bis Mai werden hier monatlich wechselnde Stücke bespielt – vom Lustspiel bis zum modernen Drama, von Shakespeare bis Simon – das ganze Repertoire der dramatischen Werke.

Maar geht es auch darum, junge Menschen fürs Theater zu begeistern. 2005 wurde deshalb im Gärtnerhaus am Eingang des Schlossparkes die dritte Spielstätte – das Theater im Pferdestall – eröffnet. Hier werden Stücke Jugendliche aufgeführt. Aber damit nicht genug. Um das Theater direkt zu den Kindern zu bringen, bietet Maßbach noch ein ganz außergewöhnliches Theatererlebnis: einen Theater-Lkw. Und hinter dem Namen verbirgt sich eben genau das: Ein Lastkraftwagen mit einem fahrbaren Theater, der rund 25 bis 30 Menschen Platz im Publikum bietet. Das Publikum sitzt auf einer Tribüne, die vor Ort aus dem Fahrzeug ausgefahren wird – Schauspieler und Publikum sitzen sich in nächster Nähe gegenüber. Hier werden vor allem Stücke für die Kleinsten, für Kindergartenkinder, aufgeführt.

Zuschauer stimmen mit den Füßen ab. Die Qualität des Maßbacher Theaters beweist ein Blick auf die verkauften Abos – im Fußball könnte man sie mit einer Dauerkarte vergleichen. Über 600 solcher Abos hat das Theater Maßbach. Zum Vergleich: Selbst Zweitligist SV Wehen Wiesbaden hat mit 2.000 Dauerkartenbesitzern gerade einmal das Dreifache an Dauerkarten verkauft – und das in der beliebtesten Sportart der Deutschen.

„Sie und Ihr Team leisten hier eine hervorragende Arbeit", betonte Bezirkstagspräsident Stefan Funk. Weil es eine privat geführte Spielstätte ist, die einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in der Region leistet, unterstützt der Bezirk Unterfranken aus den Mitteln der Unterfränkischen Kulturstiftung das Theater mit rund 200.000 Euro pro Jahr. Und das ist gut so, denn Kultur rechne sich zwar nicht, so Funk. „Aber Kultur macht sich bezahlt!“.

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