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Schatzsucher in fränkischen Weinbergen (7. August 2014)


Sommertour des Bezirkstagspräsidenten führt zu alten Weinbergen und alten Reben


Auf der Suche nach verborgenen Weinbergs-Schätzen (von links): Weinfachberater Hermann Mengler, Ulrich Luckert (Weingut Zehnthof Luckert) und Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel. (Foto: Mauritz)
 

Sulzfeld/Sommerach. (mm) Als wär‘s ein Gemüsegarten hinterm Haus! Inmitten eines Neubaugebiets am Ortsrand von Sulzfeld (Landkreis Kitzingen), eingekeilt zwischen schicken Einfamilienhäusern, bedeckt der wohl älteste Silvaner-Weinberg Deutschlands einen sanft ansteigenden Südhang mit Blick auf den Main. Gepflanzt um das Jahr 1875, bringt er auf seinen rund 1.000 Quadratmetern einen Rebensaft hervor, der leuchtend-gelb im Glas schimmert, der würzig-intensiv in die Nase steigt und der mineralisch-sanft über die Zunge gleitet. „Dieser Wein gehört zum Besten, was wir im Zehnthof Luckert zu bieten haben“, betont Ulrich Luckert, der gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang das renommierte Weingut leitet, beim Besuch von Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, der sich Anfang August im Rahmen seiner Sommertouren über alte Weinberge, alte Reben und den altfränkischen Satz informierte.

Es bedarf natürlich etlicher Zufälle, um einer solchen Edel-Parzelle habhaft zu werden. In den meisten deutschen Anbaugebieten sind alte Weinberge kaum noch zu finden. Denn betriebswirtschaftlich rechnet es sich, einen Weinberg nach maximal zwanzig Jahren zu roden und neu zu bestocken. Dann sind die Pflanzen jung und agil, aber eben auch permanent gestresst und wenig belastbar. Als die Gemeinde Sulzfeld vor einiger Zeit neues Bauland für seine Einwohner brauchte, räumte man kurzerhand die alten Weingärten im Süden der historischen Stadtmauer zur Seite und schuf neue Bauplätze – bis auf eine letzte Parzelle.

Deren einmaligen Wert erkannten die beiden Luckert-Brüder und überzeugten den Grundstückseigentümer, die verbliebene Weinbau-Nische nicht auch noch an Bauwillige zu verkaufen, sondern an ihr Weingut zu verpachten. So kam der Zehnthof zu einem wahren Schatzkästchen für Weinbauern und Rebenzüchter. „Alte Reben haben sich mit den Jahren ideal an ihren Standort angepasst“, erläutert der Weinfachberater des Bezirk Unterfranken, Hermann Mengler. Und die tiefen Wurzeln könnten selbst in trockenen Jahren die Reben optimal versorgen. Und noch etwas macht alte Weinberge so wertvoll: sie bieten ein wichtiges Reservoir an Genen für künftige Züchtungen „oder die Ertüchtigung unserer Rebsorten für die Zukunft“, so Mengler, wenn vielleicht der Klimawandel eines Tages ganz neue Anforderungen an die Winzer stellt: „Auf einem Wengert von gestern finden wir die Trauben von morgen.“

Noch weiter zurück in die Vergangenheit geht es auf der Sommertour des Bezirkstagspräsidenten bei Rimbach, ein paar Kilometer östlich von Volkach am Main (Landkreis Kitzingen). Inmitten einer bäuerlichen Idylle aus Ackerland und Wäldern, befindet sich der mit fast 180 Jahren älteste Weinberg Frankens – ein so genannter gemischter Satz. Gemischt, weil hier bunt durcheinander die verschiedensten Rebsorten wachsen. Gemischte Sätze waren früher im Weinbau üblich, um gegen die Wechselfälle des Wetters und die Attacken unliebsamer Schädlinge gewappnet zu sein. Totalausfälle gab‘s beim gemischten Satz praktisch nicht. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts fingen die Winzer an, Weinberge sortenrein zu bestocken, so dass genetisch gesehen jede Rebe einer Sorte der anderen gleicht wie ein Abziehbild.

Gemischte Sätze findet man heute in den Weinbaugebieten außerhalb Frankens kaum noch. Der gut 1.000 Quadratmeter große Wengert in der Lage „Rimbacher Landsknecht“ gewährt damit einen eindrucksvollen Blick zurück in alte Zeiten. Seit vielen Generationen befindet er sich in Familienbesitz. Georg Hufnagel, der heutige Eigentümer, war schon drauf und dran, ihn zu roden. Dann hat er ihn aber doch verpachtet – an das Weingut Otmar Zang in Sommerach. Das war 1989. Mittlerweile produziert das Weingut aus den 35 verschiedenen wurzelechten Rebsorten, die hier stocken, in einem guten Jahr rund 2.000 Bocksbeutel.

„Die Nachfrage ist enorm“, bestätigt Junior-Chef Johannes Zang. Auch wenn Weine wie diese aus der Vergangenheit zu kommen scheinen, altmodisch sind sie ganz sicher nicht. Denn was hier liebevoll gepflegt Jahr für Jahr auf dem alten Wengert heranwächst, hat weniger mit Geschichte zu tun als sehr viel mehr mit der Zukunft. Die alten Weinberge sind aus Sicht eines Rebenzüchters wie eine genetische Schatztruhe. Hier sind die Merkmale der ursprünglichen Rebsorten noch weitgehend unverfälscht vorhanden. Und hier wachsen noch jene Rebsorten, die vielleicht eines Tages die Qualität künftiger Spitzenweine bestimmen könnten.

„Eine alte Vielfalt von Rebsorten auf einem Weinberg wurde bereits 1835 Schulter an Schulter gepflanzt, um eine sichere Ernte zu garantieren.“ So erklärt das Etikett, das auf der Zang’schen Weinflasche klebt, was ein alter Satz ist. Konkret geht es um Sorten wie Roter Muskateller, Lämmerschwanz, Blauer Silvaner, Geißdutte, Gelber Muskateller, Heunisch, St. Laurent, Weißer Elbling, Weißer Gutedel, Weißer Räuschling und vieles mehr.

Im Glas kommt der Alte Satz als wunderbar heller Wein daher, auf der Zunge fühlt er sich frisch an – „mit einem leichten Hauch von Minze“, sagt Hermann Mengler. Keine Frage: ein Wein, der so schmeckt, hat Zukunft, auch noch nach 180 Jahren.

 

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