Kunst ist ein wesentlicher Teil der Heimat (19. Juli 2022)
Bezirk Unterfranken würdigt Silvia Kirchhof und Thomas Glasmeyer mit dem Kulturpreis
Im Scheinwerferlicht (von links): Laudator Jochen Wobser, Silvia Kirchhof und Thomas Glasmeyer sowie Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel (Foto: Mauritz)
Gerolzhofen. (mm) Mit dem Kulturpreis der Unterfränkischen Kulturstiftung hat am Dienstag (19. Juli) in Gerolzhofen der Bezirk Unterfranken die Sängerin, Schauspielerin und Regisseurin Silvia Kirchhof sowie den Puppenbauer und Puppenspieler Thomas Glasmeyer ausgezeichnet. Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel lobte in seiner Ansprache „das bedeutsame kulturelle Schaffen“ der beiden Preisträger. Kultur sei ein „wesentlicher Bestandteil unserer Heimat“. Deshalb sei es wichtig, die Kultur, aber auch diejenigen, die Kultur schaffen, zu unterstützen und zu ehren, machte der Bezirkstagspräsident deutlich.
„Silvia Kirchhof streut Glück in die Welt“, sagte BR-Reporter Jochen Wobser, der die Laudatio auf beide Künstler hielt. Sie tue das „mal verschwenderisch, mal wohl dosiert“, und manchmal streue sie auch „Sand ins Getriebe dieser Welt“, zitierte er den Schriftsteller Günter Eich. Dabei bleibe Silvia Kirchhof das, was sie seit ihren Mädchentagen immer sein wollte, nämlich eine Unterhaltungskünstlerin. Seit damals gehörten Lieder von Zarah Leander oder Marlene Dietrich zu den „Lebensbegleitern“ der in Gerolzhofen aufgewachsenen Künstlerin. Dem „Herzensdrang eines Kindes, das offensichtlich für die Bühne geboren ist“, sei es schließlich zu verdanken, dass Silvia Kirchhof gegen alle Widerstände den Weg zur Bühnenkunst gefunden habe. In seiner einfühlsamen und sehr persönlich gehaltenen Laudatio zitierte Jochen Wobser immer wieder aus Interviews, die er für den Bayerischen Rundfunk mit der Künstlerin geführt hatte. Insbesondere bescheinigte er ihr „Langzeitwirkung“: Wenn das letzte Lied einer ihrer Chanson-Abende gesungen und das Scheinwerferlicht erloschen sei, „dann endet damit nicht die innere Bewegung, in die einen die Begegnung mit Silvia Kirchhof versetzt hat. Sondern da bleibt etwas: da bleibt ein Raum für Gedanken – und ein Hafen für Gefühle“.
Die so Gewürdigte bedankte sich sichtlich gerührt insbesondere bei ihrer Familie, ihrem Ehemann und ihren vier Kindern, denn „die haben es auch nicht immer leicht mit mir“, wie sie freimütig einräumte. Und da sie schon auf der Bühne stand, gab sie noch einen alten Schlager zum Besten, den einst die Comedian Harmonists bekannt gemacht hatten: „Irgendwo auf der Welt gibt‘s ein kleines bisschen Glück. Und ich träum davon in jedem Augenblick.“
Glückliche Erinnerungen an Kindheit und Jugend spielten auch für den künstlerischen Weg des in Bochum geborenen Thomas Glasmeyer eine gewichtige Rolle. Jochen Wobser ließ in seiner mit viel Wortwitz formulierten Laudatio die Schlüssel-Stationen jener frühen Jahre Revue passieren: die Besuche bei den Großeltern im Emsland, den Umzug der Eltern nach Degerloch bei Stuttgart, dem Abitur in Sankt Blasien im Schwarzwald, dem Jurastudium in Konstanz und Würzburg und dann der „Lebensentscheidung“, als Glasmeyer erkannt habe, „dass es einen Raum gibt, wo sich das Unwirkliche entfalten kann: das Skurrile und Geheimnisvolle, das Schillernde und Schrille, das Überspitzte und Groteske“. „Lieber Thomas Glasmeyer“, wandte sich Wobser direkt an den Künstler, „es ist so schön für uns alle, dass Sie damals, mit dem Ende des Jurastudiums, diese Lebensentscheidung getroffen haben!“
Glasmeyer schaffe mit seinen Puppen und Bühnenbildern eigene Welten, verleihe seinen Figuren Charakter und gebe ihnen Stimme. Über die Texte der Stücke mache sich der von der Commedia dell’arte inspirierte Künstler „außerordentlich viele und tiefe Gedanken“, und ähnlich wie die umherreisenden Schauspiel-Gruppen im Italien des 17. Jahrhunderts sei auch er ein Bühnenkünstler ohne feste Bühne, der seine Stücke an wechselnden Orten aufführe.
Thomas Glasmeyer seinerseits dankte Jochen Wobser für dessen Lobrede – sie sei beredt gewesen, „und manches stimmt sogar“, stellte er augenzwinkernd fest. Er dankte seinen Kollegen, die sich offensichtlich recht zahlreich im Auditorium befanden, für deren Bereitschaft, ihm immer wieder die Bühnen ihrer Häuser zur Verfügung zu stellen. Dass es sich bei diesem Kulturpreis um eine unterfränkische Auszeichnung handle, freue ihn ganz besonders, so Glasmeyer, weil er sich seiner Wahlheimat und dem hiesigen Dialekt herzlich verbunden fühle.
Zuvor hatte Bezirkstagspräsident Dotzel die Bedeutung der Kleinkunst betont: „Wir lieben das facettenreiche Spiel mit leisen Zwischentönen, wir bewundern spektakuläre Auftritte auf kleinen Bühnen, wir bestaunen die große Kunst, der ein überschaubarer Rahmen genügt“, sagte er. Mit Blick auf die Belastungen durch die Corona-Pandemie insbesondere für die Künstlerinnen und Künstler erinnerte er daran, dass der Kulturausschuss des Bezirks schon wenige Monate nach Ausbruch der Pandemie noch im Juli 2020 beschlossen habe, die unterfränkischen Kulturschaffenden bestmöglich zu unterstützen. Und auch das Preisgeld für den Kulturpreis sei daher nicht halbiert worden, obwohl es zwei Preisträger gab, „sondern wir bezahlen es zweimal aus. Es bekommt als jeder der beiden Preisträger den vollen Betrag.“
Zu Beginn der Feierstunde im Kleinen Stadttheater Gerolzhofen hatte die stellvertretende Landrätin Bettina Bärmann an einen Slogan aus der Corona-Zeit erinnert: „Ohne Kunst und Kultur wird es still!“ In diesem Sinn dankte sie den Künstlerinnen und Künstlern für deren unermüdliches Engagement. Bürgermeister Thorsten Wozniak lobte Gerolzhofen als „Kulturhauptstadt der Region“. Das im Jahr 2010 von Silvia Kirchhof gegründete Kleine Stadttheater „könnte jederzeit als Szene-Haus in einer Metropole stehen“, sagte Wozniak. Kultur verbinde, sagte das Stadtoberhaupt weiter, gerade im ländlichen Raum sei dies wichtig.
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