Optimale Behandlung bei optimalem Schutz (9. Mai 2016)
Nutzten eine kurze Pause während des Symposiums in Lohr zu einem Gespräch (von links): Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, Justizminister Prof. Winfried Bausback, Prof. Manuela Dudeck und Rainer Klingert, Geschäftsleiter der Kliniken und Heime. (Foto: Mauritz)
Lohr. (mm) Die Forensische Psychiatrie stehe in einem besonderen „Spannungsfeld zwischen den berechtigen Ansprüchen der Patienten auf optimale Behandlung und dem ebenso berechtigten Bedürfnis der Bevölkerung nach Sicherheit“. Dies betonte Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel am vergangenen Montag (9. Mai) bei der Eröffnung des Forensik-Symposiums des Bezirk Unterfranken in Lohr am Main. Mit Veranstaltungen wie dieser fördere das Bezirkskrankenhaus den fächerübergreifenden Austausch zwischen der Forensischen Psychiatrie und ihren Nachbardisziplinen, sagte Dotzel weiter. Zugleich sorgten wissenschaftliche Tagungen dafür, dass die Verantwortlichen auf dem neuesten Wissensstand blieben.
Mit der Novellierung des § 63 Strafgesetzbuch, der die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bei einer Straftat im Zustand der Schuldunfähigkeit oder der verminderten Schuldfähigkeit regelt, setzte sich der bayerische Justizminister Prof. Winfried Bausback auseinander. Seit Jahren steige sowohl die Zahl der Forensik-Patienten als auch die durchschnittliche Unterbringungsdauer, ohne dass es einen sichtbaren Grund dafür gebe, sagte Bausback. Mit der geplanten Reform, die „einen weiß-blauen Anstrich“ trage, wie der Minister mit Blick auf die Beteiligung des Freistaats sagte, solle der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit stärker zum Tragen kommen. Zugleich wolle man durch mehr Transparenz das Vertrauen der Öffentlichkeit stärken, betonte Winfried Bausback in diesem Zusammenhang.
Ergänzend dazu beschäftigte sich Prof. Manuela Dudeck mit § 64 Strafgesetzbuch, wonach ein Straftäter in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden kann, wenn er deswegen schuldunfähig ist, weil er die Tat im Rausch begangen hat oder weil die Tat auf seinen Hang, Rauschmittel zu konsumieren, zurückgeht. Die Wissenschaftlerin zitierte aus den neuesten Untersuchungen, wonach in der Bundesrepublik 9,5 Millionen Menschen „einen kritischen Konsum“ von Rauschmitteln pflegten. Rund sieben Millionen Deutsche seien alkoholkrank, 5,6 Millionen würden regelmäßig rauchen und rund 500.000 illegale Drogen konsumieren. Insgesamt gebe der Steuerzahler pro Jahr etwa 27 Milliarden Euro für Suchtkranke aus.
Dr. Michael Hübsch, im bayerischen Sozialministerium zuständig für den Maßregelvollzug und die öffentlich-rechtliche Unterbringung, wies darauf hin, dass sich die Zahl der Forensik-Patienten in den vergangenen zwanzig Jahren verdreifacht habe. Früher seien die meisten von ihnen nach § 63 untergebracht gewesen, seit 2013 seien es in der Mehrzahl Suchtpatienten.
Prof. Dominikus Bönsch, der Ärztliche Direktor des Krankenhauses für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und zugleich Leiter des Maßregelvollzugs, betonte in seinem Referat, dass Suchtpatienten maximal zwei Jahre in der Lohrer Forensik untergebracht seien. Nur einer von sieben Patienten werde im Verlauf eines Jahres nach der Entlassung wieder rückfällig. Bönsch wertete dies als „großen Erfolg“.